Sehr geehrter Herr Engler
Ich bin Deutscher und habe eine Stelle in der Schweiz gefunden. Wo bin ich sozialversichert und wie schaut es mit der Besteuerung aus? Was muss ich beachten, wenn ich mir eine Wohnung in der Schweiz für den Wochenaufenthalt miete?
Danke im Voraus für Ihre Hilfe.
Max S.
Guten Tag Herr S.
Da Sie eine G-Bewilligung erhalten haben (Grenzgänger) sieht es wie folgt aus:
Sozialversicherung:
Die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit wird durch die EG-Verordnung 883/2004 geregelt. Die Systeme der sozialen Sicherheit umfassen Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft, Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten, Invalidität, Altersrenten, Arbeitslosigkeit und Familienleistungen. Jeder Staat hat sein eigenes Sozialversicherungssystem. Die europäischen Koordinierungsvorschriften bestimmen, welches Sozialversicherungssystem für Sie als Grenzgänger gilt.
Als Grenzgängerin bzw. Grenzgänger wird eine Person bezeichnet, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit ausübt und in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, in den sie in der Regel täglich, mindestens jedoch einmal wöchentlich zurückkehrt.
Grundsätzlich sind Sie als Grenzgänger im Beschäftigungsstaat Schweiz sozialversichert.
Zur Sozialversicherung in der Schweiz gehören verschiedene Zweige: Krankenversicherung, Unfallversicherung, Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung (Drei-Säulen-System), Familienleistungen. Im Bereich der Krankenversicherung haben Sie die Möglichkeit, vom sog. Optionsrecht Gebrauch zu machen und sich von der Versicherungspflicht in der Schweiz befreien zu lassen. Möchten Sie sich in der Schweiz versichern, müssen Sie auch allfällige nicht arbeitstätige Familienmitglieder mitversichern.
Arbeitslosigkeit:
Für Sie als Grenzgänger gilt das Wohnortsprinzip. Das bedeutet, dass im Falle der Arbeitslosigkeit das Arbeitslosengeld vom Wohnsitzstaat Deutschland bezahlt wird, obwohl Sie die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung im Beschäftigungsstaat Schweiz eingezahlt haben.
Besteuerung
Wo sind Steuern zu bezahlen?
Zum Steuerwesen besteht keine detaillierte Gemeinschaftsregelung. Personen, die in einem Mitgliedstaat arbeiten, aber in einem anderen wohnen, könnten theoretisch in beiden Staaten entsprechend der jeweiligen Gesetzgebung einkommensteuerpflichtig sein. Es besteht also grundsätzlich die Gefahr der Doppelbesteuerung! Die Schweiz und Deutschland haben jedoch ein so genanntes Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen, so dass Arbeitnehmer nicht doppelt besteuert werden.
Die Steuerpflicht der Grenzgänger ist in Art. 15a, Abs. 1 des deutsch-schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommens festgelegt: Grenzgänger von Deutschland in die Schweiz werden grundsätzlich an ihrem Wohnsitz in Deutschland besteuert. In der Schweiz wird jedoch auf den an deutsche Grenzgänger gezahlten Löhnen eine auf maximal 4,5 % begrenzte Quellensteuer erhoben. Diese Steuer wird in Deutschland nach Vorlage des Lohnausweises, der den Betrag der abgezogenen Steuer angibt, bei der Veranlagung an die Einkommensteuer angerechnet bzw. zurückerstattet.
Der in der Schweiz erhobene Quellensteuerabzug wird allerdings nur dann auf 4,5 % begrenzt, wenn Grenzgänger dem Arbeitgeber eine vom deutschen Wohnsitzfinanzamt ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung vorlegen. Wenn dem Arbeitgeber im Zeitpunkt der Lohnzahlung keine gültige Ansässigkeitsbescheinigung bzw. keine Verlängerung dieser Bescheinigung vorliegt, zieht er den vollen Steuerbetrag und nicht nur 4,5 % vom Lohn ab.
Wer ist Grenzgänger im steuerrechtlichen Sinn?
Laut Art. 15a, Abs. 2 DBA Deutschland – Schweiz sind Grenzgänger Personen, die regelmässig zwischen Wohn- und Arbeitsort pendeln und die höchstens an 60 Arbeitstagen im Jahr aufgrund der Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehren und eine Rückkehr nicht möglich oder zumutbar war. Die Beweislast liegt stets bei der steuerpflichtigen Person.
60-Tage-Regelung
Grenzgänger, die aus beruflichen Gründen an mehr als 60 Tagen im Kalenderjahr nicht an den Wohnsitz zurückkehren (bei Teilzeitverhältnissen werden die Tage entsprechend gekürzt), werden für die in der Schweiz ausgeübte Arbeitstätigkeit in der Schweiz besteuert. Ist offensichtlich, dass Grenzgänger während mehr als 60 Tagen pro Kalenderjahr aus beruflichen Gründen nicht an ihren Wohnsitz zurückkehren werden, wird von der ersten Lohnzahlung an die volle Quellensteuer nach Steuertarif erhoben, d.h. also keine Begrenzung auf 4,5 %. Eintägige Geschäftsreisen in „Drittstaaten“ (also weder Deutschland noch Schweiz, sondern z.B. Frankreich) zählen als Nichtrückkehrtage, unabhängig davon, ob Grenzgänger an den Wohnsitz zurückkehren oder nicht. Eine Rücksprache mit dem deutschen Wohnsitzfinanzamt als auch mit dem zuständigen kantonalen Steueramt ist zu empfehlen. Für die Befreiung von der Steuer in Deutschland müssen Grenzgänger dem Wohnsitzfinanzamt eine Bescheinigung des Arbeitgebers über die Nichtrückkehr an mehr als 60 Tagen (Formular Gre-3) vorlegen. Die Nichtrückkehr ist zu belegen. Bei denjenigen Grenzgänger, die eine Ansässigkeitsbescheinigung und bei denen aufgrund der Tage der Nichtrückkehr die volle Steuer einbehalten wurde, hat der Arbeitgeber eine Bescheinigung über die Nichtrückkehr an mehr als 60 Tagen auszufüllen und zusammen mit der vom Arbeitgeber visierten Reiseliste und einer Kopie des Lohnausweises der kantonalen Steuerverwaltung zur Kenntnisnahme zuzustellen. Diese visiert die Bescheinigung und sendet sie an den Arbeitgeber zurück. Der Arbeitgeber hat diese Bescheinigung dem Grenzgänger auszuhändigen, damit er beim Wohnsitzfinanzamt die Freistellung der betreffenden Einkünfte geltend machen kann.
Wochenaufenthalter in der Schweiz
Bei Grenzgänger, die sich als Wochenaufenthalter in der Schweiz anmelden, wird das erzielte Einkommen am Ort der Arbeitsausübung zum vollen Tarif besteuert, d.h. keine Beschränkung auf 4,5 %. Grenzgänger müssen vor der Anmeldung als Wochenaufenthalter beim zuständigen Finanzamt in Deutschland Auskunft über etwaige Auswirkungen auf ihre Steuerpflicht im Wohnsitzstaat einholen. Bei Missbrauch droht die volle Steuerpflicht in der Schweiz und in Deutschland.
Formalitäten für steuerrechtliche Grenzgänger
Sie müssen sich bei Ihrem Finanzamt am Wohnsitz in Deutschland als Grenzgänger anmelden, indem sie einen Grenzgänger-Fragebogen ausfüllen. Dort wird Ihnen eine Ansässigkeitsbescheinigung ausgestellt, von der Sie unbedingt eine Ausfertigung beim Arbeitgeber in der Schweiz einreichen sollten. Dadurch wird sichergestellt, dass nur die Quellensteuer von höchstens 4,5 % des Lohns abgeführt wird. Ausserdem müssen Sie einen Fragebogen ausfüllen, dem Sie einen Nachweis über die Höhe des Lohns beilegen müssen. Verfügen Sie noch nicht über eine Lohnabrechnung oder einen Lohnausweis von Ihrem neuen Arbeitgeber, können Sie stattdessen eine Kopie des Arbeitsvertrags einreichen. Aufgrund dieser Angaben werden die vierteljährlichen Vorauszahlungen für die Einkommensteuer berechnet. Diese werden jeweils zum 10. März, 10. Juni, 10. September und 10. Dezember fällig. Im Folgejahr sind Sie am Wohnsitz in Deutschland zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung mit Frist 31. Mai verpflichtet. Der Jahreslohnausweis ist der Steuererklärung beizufügen. Die weiteren Einkommensteuervorauszahlungen werden aufgrund dieser Veranlagung ermittelt.
Definition Wochenaufenthalter
Wochenaufenthalter sind Personen, die an den Arbeitstagen am Arbeitsort übernachten und die arbeitsfreie Zeit (in der Regel an den Wochenenden) regelmäßig an einem anderen Ort (sog. Familien- oder Freizeitort) verbringen. Ein Wochenaufenthalt am Arbeitsort (Aufenthaltsort) ist in der Regel notwendig, wenn eine alltägliche Rückkehr an den Wohnort aus zeitlichen, beruflichen oder finanziellen Gründen nicht zumutbar ist. Wochenaufenthalter im Verhältnis EU-Schweiz erhalten eine Grenzgänger-Bewilligung (Ausländerausweis G). Diese Bewilligung hat die Auflage, gemäss dem Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU, dass Grenzgänger einmal in der Woche die Schweiz verlassen.
Steuer
Wie die steuerliche Auswirkung sein wird, müssen Sie vorab unbedingt mit dem Finanzamt des Wohnsitzes klären, damit Sie nicht doppelt besteuert werden. Denn wenn Sie keine Ansässigkeitsbescheinigung vorlegen, wird die Schweiz die volle Quellensteuer nach Tabelle vom Bruttolohn abziehen.
Immobilien
Bezüglich des Erwerbs von Immobilien, die der Ausübung einer Erwerbstätigkeit dienen, stehen Grenzgänger die gleichen Rechte zu wie den Inländer. Er kann in der Region des Arbeitsortes auch eine Zweitwohnung erwerben.
Hingegen bleiben Grenzgänger bezüglich des Erwerbs einer Ferienwohnung sowie für Kapitalanlagen und den Handel mit Wohnungen und unbebauten Grundstücken der Bewilligungspflicht unterstellt.