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Stephan Engler

Neuerungen bei der Quellensteuer ab 1. Januar 2021


Welche Änderungen ergeben sich für quellensteuerpflichtige Arbeitnehmende?

Im Rahmen der Revision der Quellensteuerverordnung ergeben sich auch für die Quellensteuerpflichtigen einige fundamentale Änderungen und Neuerungen, die die Gesetzgebung bislang noch nicht vorgesehen hatte. So wird per 1. Januar 2021 offiziell und schweizweit das Konstrukt der «Quasi-Ansässigkeit» eingeführt. Des Weiteren haben auch steuerlich ansässige Personen in der Schweiz mit einer Quellensteuerpflicht per se die Möglichkeit, eine Schweizer Steuererklärung einzureichen.


Quasi-Ansässigkeit

Um der Forderung bezüglich steuerlicher Gleichbehandlung von In- und Ausländern gerecht zu werden, wurde mit der Quasi-Ansässigkeit im Bundesgesetz zur Direkten Bundesteuer (DBG) wie auch in der neuen Quellensteuerverordnung (QStV) ein komplett neues Konstrukt eingeführt. Es findet Anwendung auf quellensteuerpflichtige Personen, die im Ausland steuerlich ansässig sind. Diese Arbeitnehmenden, welche die Voraussetzungen an die Quasi-Ansässigkeit erfüllen, haben das Recht, für jedes Jahr bis am 31. März des auf die Fälligkeit der Leistung folgenden Steuerjahres einen Antrag auf nachträgliche ordentliche Veranlagung bei der zuständigen Kantonalen Steuerverwaltung einzureichen.


Die Voraussetzungen für eine nachträglich ordentliche Veranlagung bei der Quasi-Ansässigkeit sind gegeben, wenn im entsprechenden Steuerjahr mindestens 90 Prozent der weltweiten Bruttoeinkünfte in der Schweiz steuerpflichtig sind. Die gesetzliche Grundlage dazu ist im Art. 99a Abs. 1 Bst. A DBG in Verbindung mit Art. 14 QStV verankert. Dieser Antrag kann grundsätzlich jedes Jahr gestellt werden.


Dieses Konstrukt setzt erhöhte Aufmerksamkeit und Achtsamkeit voraus, denn für die Berechnung des weltweiten Einkommens des Quellensteuerpflichtigen bzw. für die 90 Prozent-Regel werden auch die Bruttoeinkünfte des in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe lebenden Ehegatten hinzugerechnet.


Folgendes Beispiel soll etwas mehr Klarheit schaffen:

Herr Meier, verheiratet, zwei schulpflichtige Kinder, wohnhaft und steuerlich ansässig in Stuttgart/D, ist bei der Schweizer Muster AG mit Sitz in Zürich beschäftigt und bezieht einen Bruttojahreslohn von CHF 200’000. Er arbeitet von Montag bis Freitag in der Schweiz und kehrt an den Wochenenden zurück zur Familie (sog. Wochenaufenthalter).


Seine Ehefrau Susanne geht einer Teilzeitbeschäftigung in Deutschland nach und verdient umgerechnet CHF 10’000 pro Jahr. Darüber hinaus besitzt das Ehepaar ein selbstbewohntes Eigenheim (Eigenmietwert: CHF 10’000, in Deutschland nicht besteuert da es keinen Eigenmietwert gibt wie wir ihn kennen) und vereinnahmt jährliche Kapitalerträge aus Privatvermögen von umgerechnet CHF 5’000.


Weltweites Bruttoeinkommen Ehepaar:    CHF 225’000   (100,0%) In der Schweiz versteuertes Einkommen:   CHF 200’000   (88,8%) In Deutschland versteuertes Einkommen:  CHF 25’000     (11,2%)


Fazit: Quasi-Ansässigkeit wird vorliegend nicht erfüllt.


Das im Ausland der Einkommenssteuer unterliegende Einkommen beträgt vorliegend mehr als 10 Prozent des gesamten weltweiten Einkommens des Ehepaares Meier, daher ist die Mindestgrenze von 90 Prozent in der Schweiz nicht erreicht. Das Ehepaar Meier hat somit grundsätzlich keinen Anspruch auf die nachträglich ordentliche Veranlagung und erfüllt die Kriterien an die Quasi-Ansässigkeit nicht. Da gleichzeitig die Möglichkeit wegfällt, im Rahmen einer Tarifkorrektur doppelte Wohnkosten oder auch zusätzliche Reisekosten zwischen Stuttgart und Zürich geltend zu machen, könnten Personen in dieser Situation tatsächlich «Verlierer» der Reform sein.


Eine nachträgliche ordentliche Veranlagung kann jedoch auch dann beantragt werden, wenn die Situation der Person mit derjenigen einer in der Schweiz wohnhaften steuerpflichtigen Person gemäss Art. 99a Abs. 1 Bst. b DBG vergleichbar ist. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Person aufgrund niedriger Gesamteinkünfte nach dem Steuerrecht des Wohnsitzstaates nicht steuerpflichtig ist und damit die persönliche Situation sowie der Familienstand unberücksichtigt bleiben.


Das Kreisschreiben Nr. 45 der ESTV (nachfolgend «KS 45») regelt u.a. in Ziff. 11.4. weitere Details zur Quasi-Ansässigkeit.


Nachträglich ordentliche Veranlagung bei Ansässigkeit in der Schweiz

Eine Änderung erfahren auch die quellensteuerpflichtigen Personen mit Schweizer Ansässigkeit, die bislang die erforderliche Höhe bezüglich jährlicher Bruttolohnhöhe von CHF 120’000 nicht erreichten. Ab Steuerperiode 2021 (also erstmals anfangs 2022) können auch solche Personen einen Antrag auf nachträgliche ordentliche Veranlagung gemäss Art. 89a a DBG in Verbindung mit Art. 10 QStV stellen. Hierfür müssen sie bis am 31. März des auf die Fälligkeit der Leistung folgenden Steuerjahres (erstmals bis 31. März 2022 für das Steuerjahr 2021) einen entsprechenden Antrag bei der zuständigen kantonalen Steuerverwaltung einreichen.


Bei Einreichung einer nachträglichen ordentlichen Veranlagung ist höchste Vorsicht geboten, denn daraus kann auch eine Schlechterstellung resultieren. Ein Antrag auf nachträglich ordentliche Veranlagung bei ansässigen Personen in der Schweiz hat auch für alle kommenden Jahre eine rechtliche Bindungswirkung. Mit anderen Worten: Diese Person wird auch künftig stets nachträglich ordentlich veranlagt und es ist im Gegensatz zum Quasi-Ansässigen nicht jedes Jahr ein Antrag zu stellen. Somit bedingt der freiwillige Antrag auf eine nachträgliche ordentliche Veranlagung einer sorgfältigen Analyse. Folgendes Beispiel zeigt eine mögliche Schlechterstellung exemplarisch auf:

Frau Schmid, ledig, konfessionslos, quellensteuerpflichtig und wohnhaft in der Gemeinde Kilchberg/ZH, ist bei der Weber AG mit Sitz in Zürich angestellt. Sie hat keine weiteren Privateinkünfte und kein steuerbares Vermögen. Auf dem jährlichen Bruttolohn von CHF 108’000 wird eine Quellensteuer von rund CHF 11’100 fällig und vom Lohn abgezogen.


Wechselt Frau Schmid ins nachträglich ordentliche Register der Steuerpflichtigen, erwartet sie eine neue Gesamtsteuerlast (Staats-, Gemeinde- und Direkte Bundessteuer) von zirka CHF 10’500. Ergebnis: Reduktion der Steuerlast von rund CHF 600/jährlich. Dies scheint sich für sie zu lohnen.


Zieht Frau Schmid in den darauffolgenden Jahren jedoch in die Stadt Winterthur/ZH erwartet sie, aufgrund des höheren Gemeindesteuerfusses und bei gleichbleibenden Verhältnissen, eine Gesamtsteuerlast von rund CHF 13’500.


Ergebnis: Zunahme der Steuerlast von rund CHF 2’400


Dieser Fall illustriert beispielhaft die konsequente (negative) Hebelwirkung der Umstellung auf das nachträglich ordentliche Verfahren. Steuerberater wie auch betroffene Quellensteuerpflichtige müssen diese Eventualitäten stets in Betracht ziehen und einkalkulieren, bevor ein Antrag auf das nachträglich ordentliche Verfahren gestellt wird.


 

Quelle: bdo.ch

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